Die Ostmühle
des VVV Gildehaus.
Die Außenseite der Mühle ziert über der Osttür ein großer Sandsteinblock mit Inschrift. Der lateinische Text lautet übersetzt: „Als hölzerne durch die Wut des Nordwindes zerstört, entstehe ich mit deiner Hilfe, Carl, als steinerne - 1750“. Der Hinweis "zerstörte hölzerne" deutet auf die Bockwindmühle hin, die etwa 70 Jahre an dieser Stelle stand und 1747 Opfer eines Sturms wurde. Die als steinerne gebaute Nachfolgerin ist die jetzige Ostmühle, die dann im Auftrag Fürst Carls von Bentheim aus Sandstein, gebrochen in den Bentheimer Kuhlen, gebaut wurde. Die Baukosten betrugen etwa 1.200 Reichstaler (der Jahresverdienst eines mittleren preußischen Beamten lag bei rund 100 Talern).
Eine Mühle ist ein lebendiges Denkmal und braucht somit auch regelmäßige Wartung. Größtenteils machen die Gildehauser Müller dies in Eigenleistung und sparen so Kosten. In 2010 wurde jedoch festgestellt, dass durch Witterungs- und Sturmschäden an den Schwertbalken und dem Steert samt Schoren eine große Reparatur unumgänglich war. Diese wurde in Mai 2011 durchgeführt. Schwertbalken und der Steert mussten komplett ersetzt werden. Weiterhin sanierten niederländische Mühlenbaubetriebe im Laufe der Zeit -letztmalig in 2023- die Enden der Tragbalken im Mauerwerk, die durch eindringende Feuchtigkeit im Sandsteinmauerwerk zu verrotten drohten. Schließlich musste die komplette Mühle noch im Jahre 2019 einer Wärmebehandlung unterzogen werden, um den aufgetretenen Nagekäferbefall zu bekämpfen.
Holländische Turmwindmühle, bzw. Erdholländer
Technisches
Länge der Flügel | 24,30 m |
Gewicht der Kappe mit Kreuz und Achse | 17.500 kg |
Gewicht des Mühlsteins | 1.400 kg |
Länge der Achse | 6,60 m |
Achsrad | 56 Zähne aus Akazienholz |
Bunkler | 31 Zähne aus Hainbuche |
Stirnrad | 101 Zähne aus Akazienholz |
Spindelrad | 34 Stäbe aus Akazienholz |
Das Müllerteam
Friedhelm Goedereis
Siegfried Gryn
Hermann Kemper
Folker Krabbe
Gerwin Kuhr
Hendrik Tel
Toine Zwitserlood
Arnd Heinink
Hermann Schüler
Heinz-Gerd Heddendorp
Gerhard Bergmann
Die Müller und die Ausbildung
Sozialgeschichte des Müllerberufes damals und heute
Die „freiwilligen Müller“ der Ostmühle Gildehaus betreiben seit 1986 das Müllerhandwerk. Doch das Müllerhandwerk auf dem Mühlenberg wurde schon viel früher ausgeübt. Bereits vor mehr als 266 Jahren wurde die jetzige steinerne Windmühle, die aus Bentheimer Sandstein in zweijähriger Bauzeit (1748-1749) erbaut wurde, von verschiedenen Müllern betrieben und war bis 1913 im Besitz der Bentheimer Grafen.
Im Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit galt das Müllergewerbe als anrüchig und „ehrlos“. In der Frühen Neuzeit wurde es vielerorts zu den „unehrlichen“ Berufen gezählt. Im konkreten Fall gelang es den Müllern aber in der Regel, durch die Obrigkeit rehabilitiert zu werden. In anderen Fällen wurden ihnen Betrügereien nachgesagt. Dies wird sehr schön dokumentiert in dem 1721 erschienenen Betrugs-Lexicon von Georg Paul Hönn, der detailliert an insgesamt 30 verschiedenen Fällen beschreibt, auf welche Art und Weise die einzelnen Betrügereien von Müllern angeblich durchgeführt werden. Einige Beispiele:
- Wenn sie an verborgenen und bedeckten Orthen heimliche Neben-Beutel führen, wodurch das Meel auf die Seiten, in ihre Diebs-Löcher fället.
- Wenn sie unvermercket zweyerley Gemäß führen, ein grosses zum Einnehmen und ein kleines zum Ausgeben.
- Wenn sie bey der Unruhe derer Mühl-Beutel inwendig in den Meel-Kasten doppelte Bretter oder Böden machen, worinnen sich das Mehl verbergen kan.
- Wenn sie ihre Hünner, Tauben, und Schweine, so in die Mühl kommen, in fremden Getreid Herr seyn lassen.
Diese Betrugsvorwürfe dürften aber weitgehend üble Nachrede gewesen sein: In der Realität waren Müller nicht betrügerischer als andere Handwerker damaliger Zeit.
In den städtischen Ständegesellschaften des Mittelalters galten Kinder aus Müllerfamilien meist als nicht zunftwürdig. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts erklärten aber Reichsgesetze der Jahre 1548 und 1577 Müller ausdrücklich als ehrbar und ihre Kinder als zunftwürdig.
Nach der Antriebsart wurden früher „Wassermühlen“ von „Windmühlen“ unterschieden. Windmüller gab es in Mitteldeutschland seit dem 17. Jahrhundert.
Pachtmüller hingegen waren nur als Pächter auf einer Mühle. Eigentümer dieser Mühle war direkt der Grundherr oder ein Mühlenbesitzer. Gehörte die Mühle einem kurfürstlichen oder gräflichen Amt, sprach man vom „Amtsmüller“; einem Adligen. Die zum Teil in den Archiven überlieferten Pachtverträge wurden nur für wenige Jahre abgeschlossen, und dann entweder erneuert oder die Mühle erhielt derjenige Bewerber, der bereit war, den höchsten Pachtzins zu zahlen. Aus diesem Grunde war es den Pachtmüllern nicht leicht, ein ausreichend großes Vermögen zusammenzubekommen, um selbst Eigentümer einer Mühle zu werden. Dies wurde erst durch den Kauf der Ostmühle im Jahre 1913 durch den Textilfabrikanten van Delden möglich, weil sich der Mühlenbetrieb als nicht mehr rentabel erwies.
Waren es in der Vergangenheit eher traditionsreiche alte Handwerksbetriebe, die Mühlen betrieben, so sind es mittlerweile überwiegend Industriebetriebe. Laut dem Verband Deutscher Mühlen gibt es rd. 500 Mühlen (Stand: Sept. 2023) mit einer Jahresvermahlung von insgesamt rd. 9 Millionen Tonnen. Davon vermahlen 176 Mühlen mehr als 1.000 to pro Jahr. Für Nostalgie (der Müller mit Zipfelmütze und Mehlsack über der Schulter) ist da kein Platz mehr – heute kommt der Müller mit einem Silofahrzeug und bläst das Mehl mit Druckluft in die Bäcker-Silos.
Ausbildung der freiwilligen Müller (Ostmühle Gildehaus)
Die Zahl der restaurierten und wieder in Betrieb genommenen historischen Mühlen in Niedersachsen und Bremen hat in den vergangenen Jahren erfreulicherweise zugenommen.
Gleichzeitig ist der zunehmende Verlust fachkundiger Wind- und Wassermüller zu beklagen, die noch mit ihrer Mühle gearbeitet und so mittel- bis langfristig ihren Erhalt gesichert haben. Die Garde der „alten Müller“ stirbt weg. Hierdurch geht viel Wissen und Erfahrung um den sachgerechten und sicheren Umgang mit alten Mühlen verloren.
Um die Sach- und Fachkunde für die Gildehauser Ostmühle zu erlangen ist es nötig nach einer gewissen Vorlaufzeit von ca. 1-2 Jahren dies durch eine theoretische bzw. praktische Prüfung unter Beweis zu stellen. Die Ausbildung erfolgt durch einen dem „Müller-Lehrling“ zugeordneten Ausbilder aus den Reihen der Gildehauser Müller. Die anschließende Prüfung wird von einem qualifizierten niederländischen Wind- und Wassermüller (Molenar) abgenommen und durch den VVV-Gildehaus mittels einer Urkunde bestätigt.
Um sich weiter zu qualifizieren kann eine Zusatzausbildung, z.B. in Leer, bei der Volkshochschule (VHS) belegt werden.
Mühlenbetrieb ist keine Spielerei!
Die Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur das theoretische Wissen um alte Mühlen, Mühlenbau, -betrieb und -technik zu erforschen und zu erhalten. Vielmehr gilt es, dieses Wissen zu vermitteln und interessierte Laien für den Umgang mit historischen Mühlen zu qualifizieren. Erfreulich viele Menschen opfern heute ihre Zeit, um in örtlichen Vereinen oder als persönlicher Betreuer eine Mühle zu erhalten und sie der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Gemeinsam mit verschiedenen Volkshochschulen, noch aktiven bzw. gelernten Wind- und Wassermüllern, Mühlenbauern und Mühlentechnikern bietet die Mühlenvereinigung seit einigen Jahren Kurse an, die der Ausbildung zum Freiwilligen Müller / zur Freiwilligen Müllerin dienen. Zu etwa zwei Dritteln bestehen diese Kurse aus der praktischen Tätigkeit an und in einer historischen funktionsfähigen Mühle. Gelehrt werden der sichere Umgang mit der Mühle zu allen Jahreszeiten und unterschiedlichen Witterungsbedingungen.
Die Kurse finden an Wochenenden statt, die Kursdauer beträgt etwa ein Jahr.
Am Ende steht die Prüfung vor ausgewählten und fachkundigen Vertretern der Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen e.V. (u. a. ausgebildete Müllermeister). Bei erfolgreicher Prüfung erhält der Kursteilnehmer ein Zertifikat, das ihm bescheinigt, Kenntnisse und Fähigkeiten zur sicheren Bedienung einer Wind- oder Wassermühle in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen zu haben.
Die Mühlenvereinigung bietet weiterhin Fortbildungskurse mit unterschiedlichen Schwerpunkten an, z. B. zum sicheren Umgang mit Sägegattern oder zum fachgerechten Schärfen der Mühlsteine.
Innerhalb der Mühlenvereinigung hat sich die Arbeitsgruppe der Freiwilligen Müller konstituiert, die durch regelmäßige Treffen und Exkursionen den Erfahrungs- und Informationsaustausch unter den Freiwilligen Müllern fördert sowie Möglichkeiten zur Weiterbildung anbietet.
Öffnungszeiten und Eintrittspreise
Geöffnet
Von April bis Ende Oktober sonnabends sowie
am 1. Sonntag im Monat
von 14:00 bis 17:00 Uhr
Ganzjährig jeden Mittwochvormittag
von 09:30 – 12:30 Uhr
Besichtigungstermine
Bitte melden Sie Mühlenbesichtigungen und Gruppenführungen
10 Tage vorab per Telelon oder E-Mail an.
Hermann Kemper Tel.: 05924 6375,
E-Mail: he-kemper(at)t-online.de
Gerwin Kuhr Tel.: 05924 1586,
E-Mail: gerwin.kuhr(at)mail.de
Toine Zwitzerlood (NL und Ausländische Besuchergruppen)
Mobil: 0031 653226464, Tel.: 05924 783947, E-Mail: toinezw(at)gmail.com
Weitere Auskünfte: Städtisches Verkehrsbüro,
Tel.: 05922 9833-0
Eintrittspreise
Erwachsene 1,00 €
Kinder 0,50 €
Gruppenführungen (Voranmeldung) 20,00 €
Führung mit laufender Mühle (Voranmeldung) 50,00 €