Die Ostmühle
des VVV Gildehaus.
Die Außenseite der Mühle ziert über der Osttür ein großer Sandsteinblock mit Inschrift. Der lateinische Text lautet übersetzt: „Als hölzerne durch die Wut des Nordwindes zerstört, erstehe ich mit deiner Hilfe, Carl, als steinerne - 1750“. Der Hinweis "zerstörte hölzerne" deutet auf die Bockwindmühle hin, die etwa 70 Jahre an dieser Stelle stand und 1747 Opfer eines Sturms wurde. Die als steinerne gebaute Nachfolgerin ist die jetzige Ostmühle, die dann im Auftrag Fürst Carls von Bentheim aus Sandstein, gebrochen in den Bentheimer Kuhlen, gebaut wurde. Die Baukosten betrugen etwa 1.200 Reichstaler (der Jahresverdienst eines mittleren preußischen Beamten lag bei rund 100 Talern).
Etwa um 1800 wurde die Mühle schon teilweise renoviert. Von dem Mühlengebäude wurden oben drei Lagen Steine abgenommen, danach schräg behauen und zurück gesetzt. So wurde das Gebäude oben enger gemacht und die Kappe konnte entsprechend verkleinert werden. Wahrscheinlich wurde dann auch ein Rollenkranz mit Holzrollen eingebaut. Die Kappe war dadurch mit viel weniger Kraftaufwand zu drehen. Auch wurde in der Zeit nachträglich ein Pellgang angelegt. Pläne (um 1840) einen Ölschlag für die Verarbeitung von Rübsamen einzubauen, wurden nicht verwirklicht.
Im Jahre 1913 verkaufte der Fürst die Mühle an den Fabrikanten Mathieu van Delden aus Gronau. Der verpflichtete sich „die Ostmühle nicht abzubrechen, sondern weiter zu erhalten". Bis 1924 wurde die Mühle verpachtet, stand dann jedoch Jahre lang still und drohte allmählich zu verfallen. Im Jahre 1937 ließ Mathieu van Delden mit erheblichem Aufwand die Mühle von innen nach den Erkenntnissen der Zeit renovieren. Auch ließ er sie mit einem Flügelkreuz mit aerodynamischen Bilau-Flügeln versehen wie auch einer Windrose. Leider verlor die Mühle dieses Flügelkreuz schon in 1939 bei einem Sturm. Sie wurde dann für den Betrieb mit Elektromotor umgerüstet und lief so bis in die 50er Jahre.
Lange Jahre stand die Mühle dann still, intakt aber ohne Flügel, bis sie 1966 eine Flügelattrappe erhielt (Kosten: 15.000 DM). Hiermit war jedoch kein Mahlbetrieb möglich. So stand sie dann lange Jahre ungenutzt da. Im Jahre 1984 gelang es dem Landkreis Grafschaft Bentheim die Ostmühle mit dem sie umschließenden Grundstück zu erwerben. Unter Einsatz erheblicher finanzieller Mittel, unterstützt durch Landeszuwendungen aus dem Denkmalpflegeprogramm, ließ der Landkreis die Mühle restaurieren und soweit herrichten, dass wieder mit Windkraft gemahlen werden konnte. Am 16. August 1986 wurde die Mühle in die Obhut des VVV Gildehaus übergeben und seitdem wird sie regelmäßig von ehrenamtlichen Freizeitmüllern betrieben.
Eine Mühle ist ein lebendiges Denkmal und braucht somit auch regelmäßige Wartung. Größtenteils machen die Gildehauser Müller dies in Eigenleistung und sparen so Kosten. In 2010 wurde jedoch festgestellt, dass durch Witterungs- und Sturmschäden eine große Reparatur unumgänglich war. Diese wurde in Mai 2011 durchgeführt. Unter anderem wurden neue Schwertbalken und ein neuer Steert angebracht und verschiedene sonstige Reparaturen durchgeführt. Am Deutschen Mühlentag 2011 konnte die Mühle wieder voll funktionsfähig dem Publikum vorgeführt werden.
Holländische Turmwindmühle, bzw. Erdholländer
Technisches
Länge der Flügel | 24,30 m |
Gewicht der Kappe mit Kreuz und Achse | 17.500 kg |
Gewicht des Mühlsteins | 1.400 kg |
Länge der Achse | 6,60 m |
Achsrad | 56 Zähne aus Akazienholz |
Bunkler | 31 Zähne aus Hainbuche |
Stirnrad | 101 Zähne aus Akazienholz |
Spindelrad | 34 Stäbe aus Akazienholz |
Vor mindestens 50.000 Jahren hat der Mensch den Mahlstein erfunden. Diese Erfindung darf als eine der Wichtigsten gesehen werden, denn sie machte wichtige Schritte in eine Zivilisation mit kontinuierlicher Verfügbarkeit von Lebensmitteln und das sesshaft werden der Menschen möglich.
Die Neandertaler benutzten 40.000 v.Chr. Reibsteine zum Mahlen von Farbstoffen und wahrscheinlich auch gesammelten Gräsern. Erste konkrete Beweise vom Getreidemahlen gehen zurück auf 21.000 v.Chr. Man nimmt heute an, dass seit 10.000 Jahren Getreide auf der Welt angebaut wird, so wie Einkorn (Triticum monococcum), das älteste bekannte Brotgetreide. Das älteste, je gefundene versteinerte Brot ist ungefähr 5.500 Jahre alt. Die Ägypter bereiteten ihr Mehl mit Mörser, Stößel und Sieb zu. Laut einer griechischen Sage soll der Grieche Mylas um 500 v.Chr. der Erfinder des drehenden Mahlsteines sein: Die Handmühle. Vielerorts werden diese noch immer benutzt.
Die Römer entwickelten dann die Mühlen- und Mahltechnik weiter. Neben kleinen Handmühlen hatten sie ab ca. 200 v.Chr. sogenannte Glockenmühlen, die mit Pferden, Ochsen oder Sklaven angetrieben wurden. Viele Glockenmühlen wurden in Pompei gefunden, so wie auch erste Kollergänge zum Pressen von Oliven. Mit der Römischen Armee gelangten diese Mühlen auch in andere Teile der Welt.
Im Jahre 25 v. Chr. erwähnte Vitruvius erstmals eine mit einem Wasserrad angetriebene Mühle, wahrscheinlich eine Mühle mit einem horizontalen Wasserrad, wie sie heute noch in Ost-Europa zu finden sind. Die Leistung einer solchen Mühle lag bei einer Pferdestärke. Römische Ingenieure verbesserten mit der Zeit die Leistungsfähigkeit. Es wurde in Süditalien ein Mahlstein mit einem Durchmesser von über zwei Meter gefunden. Solche Steine machten 46 Umdrehungen pro Minute und konnten 150 Kilo Getreide pro Stunde mahlen. Zwei Sklaven schafften mit Handmühlen in der gleichen Zeit sieben Kilo. Da bei einer Wassermühle keine Muskelkraft mehr notwendig war, wird sie als die älteste Maschine der Menschheit bezeichnet.
Noch verblüffender war eine andere römische Erfindung. Als Rom im fünften Jh. von den Goten belagert wurde, waren die Bewohner von ihren Mühlen abgeschnitten. Die Bürger fingen an, Mühlen auf Schiffen zu bauen, mit denen man die Kraft des fließenden Wassers nutzte. Solche Schiffsmühlen wurden vielerorts in Europa noch lange verwendet. Im siebten und achten Jh. errichtete man erstmals Windmühlen, um die Kraft des Windes sinnvoll zu nutzen. In Europa wurden die ersten Bockwindmühlen um 1000 n.Chr. gebaut. In den folgenden Jahrhunderten nahmen die Windmühlen einen mächtigen Aufschwung. Im 14. Jh. wurden erste Drehbänke mit Mühlen betrieben und im 15. Jh. entstanden Rohrbohrwerke, Drahtziehmühlen sowie Walz- und Schneidemühlen zur Blechverarbeitung .
Bis zum 16. Jh. gab es in Europa mindestens vierzig verschiedene Fertigungsprozesse, die mit Wind- oder Wasserkraft arbeiteten. Es wurden erstmals Hebewerke sowie kettenbetriebene Schöpfwerke und Grubenlüfter für Bergwerke gebaut. Später kamen noch andere Mühlenbau-Erfindungen wie Dresch-, Gewürz-, Glasschleif-, Häcksel-, Lohgerb-, Pumpen-, Seiden-, Sensen-, Spinn-, Steinschrot-, Strumpfwirker-, Stuhl- sowie Zwirnmühlen hinzu. Die Entwicklung und Anwendung von vielen wichtigen industriellen Prozessen wurde durch den Einsatz von Wasser- und Windmühlen erst möglich.
Wurden in den ersten Jahrhunderten ihrer Existenz die Windmühlen hauptsächlich fürs Mahlen von Getreide und das Schlagen von Öl genutzt, änderte sich im 15. und 16. Jahrhundert Vieles. So wurden im 15. Jahrhundert in den Niederlanden zur Entwässerung von Poldern Windmühlen eingesetzt . Ohne diese Mühlen wäre ein Großteil der Niederlande unbewohnbar gewesen. Verbesserungen im 16. Jahrhundert führten zu einer Mühle in konischer Form und mit drehbarer Kappe. Dieser neue Mühlentyp verbreitete sich in vielen Teilen Europas unter dem Name „Holländermühle“. Auch bekam die Windmühle unterschiedliche Erscheinungsformen wegen verschiedener Anwendungen und wurde in den verschiedensten Industriezweigen eingesetzt. Wo gemahlen, gerieben, geklopft, gestampft oder gesägt werden musste, wurden Windmühlen benutzt. Bis in das 20. Jahrhundert waren Windmühlen Grundlage für die industrielle Weiterentwicklung, nicht nur in Europa.
Auf alle industriellen Verwendungsmöglichkeiten der Windmühlen hier einzugehen, ist unmöglich. Wir stellen als Beispiel die (nebst der Kornmühle) wichtigsten vor: Die Ölmühle, die Holzsägemühle und die Wasserschöpfmühle. Sehr illustrativ sind hierbei die bekannten von Anton Sipman gefertigten technischen Zeichnungen verschiedener Mühlenarten.
Gemälde aus früheren Zeiten, wie das von Pieter Bruegel der Ältere (Ernte – 1565), vermitteln oft romantische Eindrücke von der Arbeit auf dem Lande. Die Realität war bestimmt anders. Sowohl das Mähen als auch das Dreschen waren äußerst kräftezehrende Handarbeiten. Zwar zogen die Bauern traditionell oft in Festtagskleidern und mit Blumen geschmückten Sensen zum Erntebeginn hinaus auf die Felder, aber dies machte die Arbeit nicht weniger schwer. Früher erfolgte die Getreideernte bereits während der Gelbreife des Getreides von Hand mittels Sichel, Sichte oder Sense. Die abgemähten Getreidehalme band man zu Garben zusammen; Jeweils mehrere Garben wurden anschließend gegeneinander auf dem Feld als Hocke, Puppe oder Stiege zum weiteren Trocknen und Abreifen aufgestellt. Die Mäharbeit wurde in der Regel von Männern erledigt, das Binden der Garben hingegen war Frauenarbeit.
Die Garben wurden danach zur Scheune transportiert und nach weiterer Lagerung gedroschen. Die Bauerngeneration vor 1900 hatte noch zeitlebens mit dem Flegel gedroschen. Das Flegeldreschen musste unbedingt gelernt sein. Der Flegel sollte im Drehschwung mit seiner ganzen Länge auf das Getreide aufschlagen, also musste man gut ausholen und dabei den Stiel in den Händen etwas umdrehen. Damit man sich nicht gegenseitig mit dem Dreschflegel schlug, musste jeder den Dreschertakt einhalten. All dies verlangte vollkommene Körperbeherrschung, ebenso Kraft und Übung.
Redensarten in der Alltagssprache weisen in drastischer Weise auf die anstrengende Dreschtätigkeit hin. So hörte man beispielsweise sagen: „Ich habe Hunger wie ein Scheunendrescher“. Nach der Getreideernte musste an Regentagen ein Teil gleich gedroschen werden, weil Saatgetreide gebraucht wurde. Mancherorts wartete man schon sehnsüchtig darauf, neues Korn in die Mühle fahren zu können. Die eigentliche Dreschzeit mit dem Dreschflegel begann jedoch erst im November, wenn alle Feldarbeiten beendet waren. Um Martini (11. November) gab es kaum eine Scheune im Dorf, in der nicht das Schlagen der Dreschflegel zu hören war.
Nach dem Dreschen mussten die Körner von Spelzen und Spreu getrennt werden. Auch dies wurde von Hand gemacht, bis viel später dafür maschinelle Sichter eingesetzt werden konnten. Beim Windsichten oder Worfeln werden gedroschene Ähren mit flachen Korbschalen in die Luft geworfen. Das Verhältnis von Luftwiderstand zu Schwerkraft ist für die Getreidekörner erheblich kleiner als für die Spelzen und die Spreu. Seitlich wehender Wind trägt daher Spreu und Spelzen davon, und nur das Korn fällt zurück auf den Korb. Das Verfahren ist so alt wie der Getreideanbau. In neolithischen Zeiten wurden schon Worfelschaufeln und -siebe eingesetzt.
Mit Entwicklung der Mähmaschine um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Handarbeit beim Mähen des Getreides zunehmend mechanisiert, bis hin zum gleichzeitig mähenden und Garben bindenden Mähbinder. Abhängig von verschiedenen Faktoren wie Betriebsgröße und geografische Lage erfolgte jedoch durchaus zeitlich parallel zum Einsatz der Mähbinder weiterhin der Einsatz des einfacher aufgebauten Getreidemähers oder des mittels Handablage modifizierten Grasmähers. Zum Kornverlust und Betriebsstörungen der Maschinen vermeidenden Anmähen der Felder, d. h. dem Mähen eines ersten freien Streifens um das Feld, wurden auch noch Sichel, Sichte oder Sense eingesetzt.
Ist das Getreide erst mal an der Mühle abgeliefert, früher mit Pferd und Wagen, dann müssen die Säcke nach oben zum Mehlboden transportiert werden. Da haben die Müller sich schon früh etwas einfallen lassen, damit sie die Säcke nicht über die Treppe hoch schleppen brauchten: Den Sackaufzug. Mit diesem System können die Säcke durch Luken in den Böden hochgezogen werden. Dies ist möglich von Hand mittels eines Förderseils, das über ein Gaffelrad läuft, oder mit Windkraft mittels eines Schleifrades, das auf dem Stirnrad mitläuft und so die Leuachse antreibt.
Später gab es für den internen Transport auch eine andere Möglichkeit: Der Elevator. In der Ostmühle gibt es noch einen funktionierenden, doppelten Elevator sowie Teile eines zweiten. In so einem Elevator, auch wohl Becherwerk genannt, läuft in senkrechten Holzrohren ein Gurt, an dem in Abständen von etwa 30 bis 40 cm Becher zur Aufnahme des Mahlgutes befestigt sind. Über zwei Umkehrstationen geht es auf- und wieder abwärts. Das Getreide oder Mahlgut wird aufwärts gefördert und auf eine Entladerutsche abgekippt in Richtung Silo oder Mahlgang.
Ein wichtiger Schritt vor dem Vermahlen ist die Reinigung des Getreides. Beimengungen im Mehl oder Fremdkörper, welche die Steine beschädigen könnten, machten die Reinigung notwendig. So wird das angelieferte Getreide auch heute noch in vielen Mühlen durch Reinigungsmaschinen wie Aspirateur (Gebläse) oder Trieur (Korntrennung) von Unkrautsamen, Steinen und selbst von Metallteilen befreit.
Kernstück jeder Getreidemühle ist der Steinmahlgang, das Zusammenspiel der Mühlsteine, die durch die Mahlbewegung das Korn zu Mehl verarbeiten. Dabei dreht sich nur der obere Mühlstein, der über Steinspill, Königsachse und Flügelwelle durch die Windflügel angetrieben wird. Der obere Mühlstein heißt deswegen auch Läuferstein, er zermalmt das Korn auf dem festsitzenden unteren Mühlstein, dem Boden- oder Liegerstein. Das Getreide wird durch einen Trichter in den Mahlgang geschüttet - der Mahlgang wird beschickt, heißt es in der Müllersprache. Das Getreide fällt vom Trichter durch das Steinauge des Läufersteins zwischen die Mahlflächen und gelangt als Mehl, Grieß und Kleie wieder heraus. Kleie sind die Spelzen, die nicht verdaulichen Teile des Getreides. Grießkörner sind nur grob gemahlene Getreidekörner, die erneut in den Mahlgang gelangen.
In zwei Arbeitsgängen wird also das Korn meist verarbeitet. Das Schroten des Getreides zwischen zwei Mühlsteinen bricht das Korn auf. In einem zweiten Mahlgang mit einem kleineren Spalt zwischen den Mahlsteinen wird das Schrot weiter vermahlen. Das Sichten sorgt für die Trennung in Mehl und Kleie. Dazu diente früher ein Beutelwerk, das aus Baumwollgewebe bestand. Später geschah das in einer Beutelkiste oder im Sichter. Um allerdings das heute übliche Weißmehl herzustellen sind weit mehr Schritte notwendig. In der modernen Hochmüllerei erfolgt die Mehlherstellung in acht bis zehn Passagen.
Die Müller und die Ausbildung
Sozialgeschichte des Müllerberufes damals und heute
Die „freiwilligen Müller“ der Ostmühle Gildehaus betreiben seit 1986 das Müllerhandwerk. Doch das Müllerhandwerk auf dem Mühlenberg wurde schon viel früher ausgeübt. Bereits vor mehr als 266 Jahren wurde die jetzige steinerne Windmühle, die aus Bentheimer Sandstein in zweijähriger Bauzeit (1748-1749) erbaut wurde, von verschiedenen Müllern betrieben und war bis 1913 im Besitz der Bentheimer Grafen.
Im Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit galt das Müllergewerbe als anrüchig und „ehrlos“. In der Frühen Neuzeit wurde es vielerorts zu den „unehrlichen“ Berufen gezählt. Im konkreten Fall gelang es den Müllern aber in der Regel, durch die Obrigkeit rehabilitiert zu werden. In anderen Fällen wurden ihnen Betrügereien nachgesagt. Dies wird sehr schön dokumentiert in dem 1721 erschienenen Betrugs-Lexicon von Georg Paul Hönn, der detailliert an insgesamt 30 verschiedenen Fällen beschreibt, auf welche Art und Weise die einzelnen Betrügereien von Müllern angeblich durchgeführt werden. Einige Beispiele:
- Wenn sie an verborgenen und bedeckten Orthen heimliche Neben-Beutel führen, wodurch das Meel auf die Seiten, in ihre Diebs-Löcher fället.
- Wenn sie unvermercket zweyerley Gemäß führen, ein grosses zum Einnehmen und ein kleines zum Ausgeben.
- Wenn sie bey der Unruhe derer Mühl-Beutel inwendig in den Meel-Kasten doppelte Bretter oder Böden machen, worinnen sich das Mehl verbergen kan.
- Wenn sie ihre Hünner, Tauben, und Schweine, so in die Mühl kommen, in fremden Getreid Herr seyn lassen.
Diese Betrugsvorwürfe dürften aber weitgehend üble Nachrede gewesen sein: In der Realität waren Müller nicht betrügerischer als andere Handwerker damaliger Zeit.
In den städtischen Ständegesellschaften des Mittelalters galten Kinder aus Müllerfamilien meist als nicht zunftwürdig. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts erklärten aber Reichsgesetze der Jahre 1548 und 1577 Müller ausdrücklich als ehrbar und ihre Kinder als zunftwürdig.
Nach der Antriebsart wurden früher „Wassermühlen“ von „Windmühlen“ unterschieden. Windmüller gab es in Mitteldeutschland seit dem 17. Jahrhundert.
Pachtmüller hingegen waren nur als Pächter auf einer Mühle. Eigentümer dieser Mühle war direkt der Grundherr oder ein Mühlenbesitzer. Gehörte die Mühle einem kurfürstlichen oder gräflichen Amt, sprach man vom „Amtsmüller“; einem Adligen. Die zum Teil in den Archiven überlieferten Pachtverträge wurden nur für wenige Jahre abgeschlossen, und dann entweder erneuert oder die Mühle erhielt derjenige Bewerber, der bereit war, den höchsten Pachtzins zu zahlen. Aus diesem Grunde war es den Pachtmüllern nicht leicht, ein ausreichend großes Vermögen zusammenzubekommen, um selbst Eigentümer einer Mühle zu werden. Dies wurde erst durch den Kauf der Ostmühle im Jahre 1913 durch den Textilfabrikanten van Delden möglich, weil sich der Mühlenbetrieb als nicht mehr rentabel erwies.
Waren es in der Vergangenheit eher traditionsreiche alte Handwerksbetriebe, die Mühlen betrieben, so sind es mittlerweile überwiegend Industriebetriebe. Im Wirtschaftsjahr 2011/12 gab es in Deutschland noch 260 Getreidemühlen, die mehr als 500 t Getreide im Jahr vermahlen. Sieben Betriebe davon haben 200.000 t Getreide pro Jahr oder mehr vermahlen. 61 große Mühlen mit einer Jahresvermahlung von 25.000 t und mehr haben einen Anteil an der Gesamtvermarktung von 84,9 %. Die laut Verband Deutscher Mühlen zwischen 199 und 272 kleineren Mühlen mit einer Jahresvermahlung zwischen 500 und 25.000 t besitzen einen Marktanteil von 15,1 %. Für Nostalgie (der Müller mit Zipfelmütze und Mehlsack über der Schulter) ist da kein Platz mehr – heute kommt der Müller mit einem Silofahrzeug und bläst das Mehl mit Druckluft in die Bäcker-Silos.
Ausbildung der freiwilligen Müller (Ostmühle Gildehaus)
Die Zahl der restaurierten und wieder in Betrieb genommenen historischen Mühlen in Niedersachsen und Bremen hat in den vergangenen Jahren erfreulicherweise zugenommen.
Gleichzeitig ist der zunehmende Verlust fachkundiger Wind- und Wassermüller zu beklagen, die noch mit ihrer Mühle gearbeitet und so mittel- bis langfristig ihren Erhalt gesichert haben. Die Garde der „alten Müller“ stirbt weg. Hierdurch geht viel Wissen und Erfahrung um den sachgerechten und sicheren Umgang mit alten Mühlen verloren.
Um die Sach- und Fachkunde für die Gildehauser Ostmühle zu erlangen ist es nötig nach einer gewissen Vorlaufzeit von ca. 1-2 Jahren dies durch eine theoretische bzw. praktische Prüfung unter Beweis zu stellen. Dies wird durch einen dem „Müller-Lehrling“ zugeordneten Ausbilder wahrgenommen. Die anschließende Prüfung wir von einem qualifizierten niederländischen Wind- und Wassermüller (Molenar) abgenommen und durch den VVV-Gildehaus mittels einer Urkunde bestätigt.
Um sich weiter zu qualifizieren kann eine Zusatzausbildung, z.B. in Leer, bei der Volkshochschule (VHS) belegt werden.
Mühlenbetrieb ist keine Spielerei!
Die Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur das theoretische Wissen um alte Mühlen, Mühlenbau, -betrieb und -technik zu erforschen und zu erhalten. Vielmehr gilt es, dieses Wissen zu vermitteln und interessierte Laien für den Umgang mit historischen Mühlen zu qualifizieren. Erfreulich viele Menschen opfern heute ihre Zeit, um in örtlichen Vereinen oder als persönlicher Betreuer eine Mühle zu erhalten und sie der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Gemeinsam mit verschiedenen Volkshochschulen, noch aktiven bzw. gelernten Wind- und Wassermüllern, Mühlenbauern und Mühlentechnikern bietet die Mühlenvereinigung seit einigen Jahren Kurse an, die der Ausbildung zum Freiwilligen Müller / zur Freiwilligen Müllerin dienen. Zu etwa zwei Dritteln bestehen diese Kurse aus der praktischen Tätigkeit an und in einer historischen funktionsfähigen Mühle. Gelehrt werden der sichere Umgang mit der Mühle zu allen Jahreszeiten und unterschiedlichen Witterungsbedingungen.
Die Kurse finden an Wochenenden statt, die Kursdauer beträgt etwa ein Jahr.
Am Ende steht die Prüfung vor ausgewählten und fachkundigen Vertretern der Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen e.V. (u. a. ausgebildete Müllermeister). Bei erfolgreicher Prüfung erhält der Kursteilnehmer ein Zertifikat, das ihm bescheinigt, Kenntnisse und Fähigkeiten zur sicheren Bedienung einer Wind- oder Wassermühle in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen zu haben.
Die Mühlenvereinigung bietet weiterhin Fortbildungskurse mit unterschiedlichen Schwerpunkten an, z. B. zum sicheren Umgang mit Sägegattern oder zum fachgerechten Schärfen der Mühlsteine.
Innerhalb der Mühlenvereinigung hat sich die Arbeitsgruppe der Freiwilligen Müller konstituiert, die durch regelmäßige Treffen und Exkursionen den Erfahrungs- und Informationsaustausch unter den Freiwilligen Müllern fördert sowie Möglichkeiten zur Weiterbildung anbietet.
Der Mühlenberg und die Mühlen
Der Gildehauser Höhenrücken, der mit fast 100 Meter Höhe ansehnlich über die umliegenden Felder herausragt, ist für eine Windmühle ein sehr geeigneter Standort. Weil jedoch schon seit dem 14ten Jahrhundert eine Windmühle auf dem Bentheimer Höherücken stand und es auch noch verschiedene Wassermühlen in der Umgebung gab, dauerte es bis etwa 1618, bis auf dem Gildehauser Höhenrücken eine Bockwindmühle gebaut wurde. Diese stand östlich der jetzigen Ostmühle, an der Kreuzung Bergstrasse – Olderstiege. Das hier gezeigte, berühmte Gemälde, das Jacob van Ruisdael von dem Bentheimer Schloss malte, zeigt so eine Mühle (hier die damalige Bentheimer Westmühle). Deutlich ist zu sehen, dass der Wind sie von Bäumen unbehindert von allen Seiten optimal erreichen konnte, was damals selbstverständlich war.
Bereits im Jahre 1680 gab es auf dem Gildehauser Höhenrücken zwei Bockwindmühlen. Die zweite Mühle wurde westlich der vorhandenen Mühle gebaut, an dem Standort wo die jetzige Ostmühle steht. Damals wurde diese neue Mühle verständlicherweise Westmühle genannt, die andere Ostmühle. Die damalige Ostmühle hatte jedoch kein langes Leben: sie funktionierte schon 1709 nicht mehr. So gab es zumindest zwei Jahrzehnte lang nur eine Mühle in Gildehaus. Dieser Zustand endete um 1720, als westlich der Mühle, die bis dahin als Westmühle bekannt war, eine neue steinerne Mühle gebaut wurde. So wurde die hölzerne Bockwindmühle die (alte) Ostmühle. In einer Rentamts-Rechnung von 1732 werden noch Zimmererarbeiten an der „Gildehauser alten Windmühle“ genannt.
Das Schicksal bestimmte, dass auch diese Bockwindmühle, die alte Ostmühle, nicht sehr lange existierte. Ein schwerer Sturm brachte sie am 12ten Dezember 1746 zum Einsturz. Die Zerstörung war vollständig, so dass ein Neubau notwendig wurde. Es war jedoch nicht selbstverständlich, dass ein Neubau errichtet wurde, da Gildehaus ja über eine relativ neue steinerne Mühle verfügte: die Westmühle. Auch die Bentheimer meldeten Ansprüche auf eine neue Mühle an. Es entbrannte ein Streit zwischen den Bürgern von Gildehaus und Bentheim. Beide Gemeinden unterbreiteten dem Grafen zu Bentheim Angebote mit Zugeständnissen um eine Entscheidung zu ihren Gunsten zu erreichen. Letztendlich wurde zu Gunsten Gildehaus entschieden, auch weil hier schon ein Müllerhaus vorhanden war. Es wurde dann die jetzige steinerne Ostmühle gebaut; die Baukosten betrugen etwa 1.200 Reichstaler, damals eine beträchtliche Summe.
Im Teylers Museum in Haarlem hängt ein Gemälde aus dem Jahre 1822 von Albertus Brondgeest mit dem Titel „ Landschaft nahe Gildehaus“ mit einer steinernen Mühle. Die Lage der Bentheimer Burg in der Ferne deutet jedoch unter anderem darauf hin, dass dies die Bentheimer Ostmühle sein muss. Die Lage der Gildehauser Ostmühle in ihrem Umfeld hat bestimmt ähnlich ausgesehen. Weit und breit ist kein Baum zu sehen, weil der Wind ungehindert die Mühle erreichen musste. Das kann man von dem heutigen „Mühlenbiotop“ nicht sagen: das ist leider verhältnismäßig schlecht.
Öffnungszeiten und Eintrittspreise
Geöffnet
Von April bis Ende Oktober sonnabends sowie
am 1. Sonntag im Monat
von 14:00 bis 17:00 Uhr
Ganzjährig jeden Mittwochvormittag
von 09:30 – 12:30 Uhr
Besichtigungstermine
Bitte melden Sie Mühlenbesichtigungen und Gruppenführungen
10 Tage vorab per Telelon oder E-Mail an.
Hermann Kemper T: 05924 6375,
E: he-kemper(at)t-online.de
Gerwin Kuhr T: 05924 1586,
E: gerwin.kuhr(at)mail.de
Toine Zwitzerlood (NL und Ausländische Besuchergruppen)
Mobil: 0031 653226464, T: 05924 783947, E: toinezw(at)gmail.com
Weitere Auskünfte: Städtisches Verkehrsbüro,
T: 05922 9833-0
Eintrittspreise
Erwachsene 1,00 €
Kinder 0,50 €
Gruppenführungen (Voranmeldung) 20,00 €
Führung mit laufender Mühle (Voranmeldung) 50,00 €